Grünlandumbruch in Landschaftsschutzgebieten / LSG Obere Wietze

Zur Überarbeitung der Schutzverordnung für das Landschaftsschutzgebiet (LSG) "Obere Wietze" (LSG-H 11) hat er BUND eine Stellungnahme geschrieben. Es handelt sich um das Gebiet zwischen Isernhagen-Süd, Isernhagen NB, KB und FB, Neu- und Altwarmbüchen und der A2. Die Region Hannover erneuert zur Zeit begrüßenswerterweise in einem enormen Kraftakt etwa 30 LSG-Verordnungen. Dabei hat der behördliche und ehrenamtliche Naturschutz natürlich ein großes Interesse daran, dass die Verordnungen auch tatsächlich auf lange Sicht einen wirksamen Schutz bieten. Wir begleiten diese Verfahren deshalb relativ intensiv.

In dieser Stellungnahme haben wir uns besonders mit der Frage des Grünlandumbruchverbots befasst (S. 3 - 12). Die Position der Regionsverwaltung ist hier, dass die Umwandlung von Wiesen und Weiden in Ackerland in einer LSG-Verordnung nicht pauschal verboten werden darf. Es sei nur möglich, Grünland auf Standorten zu schützen, auf denen Grünlandumbruch der „guten fachlichen Praxis“ widerspricht, das heißt auf erosionsgefährdeten Hängen, in Über­schwem­mungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moor­stand­orten (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG). Ein weiter gehender Schutz widerspricht nach Ansicht der Regionsverwaltung der Rechtsprechung, insbesondere einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg aus dem Jahr 1982.

Unseres Erachtens ist es dagegen möglich und auch geboten, in Landschaftsschutzgebieten wie dem LSG „Obere Wietze“ den (weiteren) Umbruch von Dauergrünland vollständig zu verbieten. Nachfolgend eine Zusammenfassung unserer Argumente:

  • In der Entscheidung des OVG Lüneburg von 1982 war der Grundsatz aufgestellt worden, dass Umwandlung von Grünland in Ackerland in einer Schutzverordnung untersagt werden kann, wenn dafür besondere Herrichtungsmaßnahmen wie z.B. der Bau von Entwässerungsgräben und Drainagen nötig sind. Dieser Grundsatz hat sich in der Rechtsprechung durchgesetzt. Das heißt aber nicht, dass im Umkehrschluss Grünlandumbruch dort erlaubt bleiben muss, wo er auch ohne solche Maßnahmen möglich ist. Zwar hat das OVG dies im 1982 zu klärenden Fall, noch auf Grundlage des Reichsnaturschutzgesetzes, so gesehen. Die späteren Entscheidungen verschiedener Gerichte auf Basis des Bundesnaturschutzgesetzes, und ebenso die Kommentierungsliteratur, bejahen aber das Recht, in LSG-Verordnungen jeden Umbruch von Dauergrünland zu untersagen.
  • Unter anderem durch die Neuordnung des Naturschutzrechts seit März 2010 ist die Schutzkategorie LSG gestärkt worden. Während bis dahin in niedersächsischen LSG alles erlaubt war, was nicht ausdrücklich verboten wurde (§ 26 Abs. 2 NNatG), sind jetzt in LSG alle Handlungen verboten, die den Gebietscharakter verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen (§ 26 Abs. 2 BNatSchG). In Gebieten wie dem LSG „Obere Wietze“ wäre Grünlandumbruch deshalb von vornherein verboten. Die näheren Bestimmungen (Verbote) der Verordnungen dürfen diese gesetzliche Vorgabe nur konkretisieren, aber nicht revidieren. Die Praxis, in LSG mit traditionell verbreiteter Grünlandnutzung die Umwandlung in Acker auf wesentlichen Flächenanteilen freizustellen, widerspricht damit der aktuellen Rechtslage.
  • Die Möglichkeit, Grünland zu schützen, hat sich naturschutzrechtlich auch deshalb verbessert, weil bei LSG-Ausweisungen die besondere Bedeutung der Landwirtschaft nur noch berücksichtigt werden muss, soweit sie natur- und landschaftsverträglich ist (§ 26 Abs. 2 u. § 5 Abs. 1 BNatSchG). Das trifft für Grünlandumbruch gerade nicht zu. Bis 2010 war in LSG noch die Fiktion der Landwirtschaftsklausel zu beachten, wonach die ordnungsgemäße Landwirtschaft in der Regel den Naturschutzzielen dient (§ 26 Abs. 2 u. § 1 Abs. 3 NNatG).
  • Sowohl fachlich als auch rechtlich wird dem artenreichen Grünland mittlerer Standorte (mesophiles Grünland) heute ein deutlich erhöhter Stellenwert zugemessen. Mesophiles Grünland ist in Niedersachsen per Gesetz geschützter Landschaftsbestandteil (§ 22 Abs. 4 Satz 5 NAGBNatSchG) und steht, wenn typische Mähwiesenarten beteiligt sind, auch als FFH-Lebensraumtyp unter dem Schutz des Umweltschadensrechts (§ 19 BNatSchG). Standorte von mesophilem Grünland sind in der Regel ohne Herrichtungsmaßnahmen wie Entwässerung ackerfähig. Es kann allein schon deshalb nicht mehr der Grundsatz gelten, dass auf solchen Standorten ein Grünlandumbruch generell legal ist und freigestellt werden muss.
  • Im Jahr 2009 ist in Niedersachsen die „Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland“ in Kraft getreten. Das Umwandeln von Dauergrünland in Acker wurde dadurch genehmigungspflichtig und darf nur genehmigt werden, wenn an anderer Stelle neues Grünland angelegt wird. Spätestens seitdem ist die Verminderung der Grünlandflächen zugunsten von Acker nicht mehr eine „eigentumskräftig verfestigte Anspruchsposition des Grundeigentümers“, wovon das OVG 1982 für manche Fälle noch ausging. Die Dauergrünlandsverordnung macht ein Umbruchsverbot in LSG-Verordnungen aber keineswegs überflüssig, u.a. weil sich nur mit Verboten in Schutzverordnungen verhindern lässt, dass wertvolles Grünland im Schutzgebiet durch relativ wertlose Neueinsaaten an beliebiger anderer Stelle ersetzt wird.
  • Wenn nur ein Teil der Grünlandflächen in einem LSG vor Umwandlung geschützt wird und ein anderer Teil nicht, muss diese unterschiedliche Behandlung für jede einzelne Fläche fachlich nachvollziehbar begründet werden können. Andernfalls verstößt eine solche Verordnung nach einem Urteil des OVG Münster gegen das Willkürverbot. Durch eine Unterscheidung von Grünland mit und ohne Umbruchsverbot im gleichen Schutzgebiet wird somit unnötig ein erhebliches Risiko erzeugt, dass die Verordnung vor Gericht scheitert. Am LSG „Obere Wietze“ wird besonders deutlich, dass die Kriterien, nach denen die Regionsverwaltung auf den Schutzgebietskarten die Umbruchsverbotsflächen abgrenzt, sich fachlich kaum rechtfertigen lassen, weil danach Grünlandflächen umgebrochen werden dürften, die u.a. nach dem Landschaftsrahmenplan-Entwurf von höchstem Wert sind.

Der Umbruch von Dauergrünland bzw. jede Umwandlung in eine andere Nutzungsart müsste daher im LSG „Obere Wietze“ (und in den meisten anderen LSG-Verordnungen der Region) generell verboten werden. Solche Handlungen würden hier regelmäßig den Gebietscharakter verändern und dem besonderen Schutzzweck widersprechen. Es würde deshalb auch kein Erlaubnisvorbehalt genügen, weil der Verordnungsgeber mit einem Erlaubnisvorbehalt deutlich macht, dass der Grünlandumbruch in bestimmten Fällen typischerweise (nicht nur ausnahmsweise) zugelassen werden soll. Die Dauergrünlandflächen sollten vollständig in der Verordnungskarte dargestellt werden.

Neben dem Thema Grünlandschutz befasst sich die Stellungnahme noch mit weiteren Aspekten des Schutzverfahrens, die ähnlich auch schon in anderen Stellungnahmen angesprochen wurden (unter anderem Auflagen für die Forstwirtschaft, Konkretisierung der Verbote durch Beispiele, Verhältnis zwischen Verboten und Erlaubnisvorbehalten, Freistellung der guten fachlichen Praxis).

Die vollständige Stellungnahme kann hier heruntergeladen werden.





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