Schutz besonders alter Bäume in den stadteigenen hannoverschen Wäldern

Altbuche in der Eilenriede
Altbuche in der Eilenriede

Ende im „besten Baumesalter“

Alt- und Totholz ist eine Lebensstätte für eine Vielzahl von Pilzen und Flechten, Käfern und Wildbienen, Ameisen und Kleinschmetterlingen, Spechten und Fledermäusen. Sehr alte Bäume sind aber fast überall in unserer Kulturlandschaft ein Mangelfaktor. Die städtischen Wälder Hannovers machen hier keine Ausnahme. Zum Beispiel Buchen: Obwohl diese Baumart ein Alter von 250 bis 300 Jahren ereichen kann, waren nach einer „Inventur“ 1992 in den Stadtwäldern nur noch 3,3 Prozent ihrer Bestände über 160 Jahre alt. Selbst 1957, nach den Kahl­schlägen der Kriegs- und Nachkriegszeit, kamen in der Eilen­riede noch achtmal so viel Buchenbestände dieser Altersklasse vor. Diese Entwicklung war kein Zufall, sondern Programm, denn im Alter von etwa 160 Jahren, also im "besten Baumesalter", sollten nach den Betriebsplanun­gen des Forstamtes die Buchen gefällt werden. Ähnliches galt auch für die anderen Baumarten.

In einem Grundsatzprogramm zur zukünftigen Waldbewirtschaftung, den "Leitlinien zur ökologischen Waldentwicklung" von 1992, hatte sich die Landeshauptstadt Hannover verpflichtet, flächendeckend in den Stadtwäldern alte und starke Bäume sowie Höhlenbäume mit Spechthöhlen zu erhalten. Tatsächlich wurden aber weiter Jahr für Jahr Bäume gefällt, die zu den ältesten und stärksten Exemplaren zählten. Es nützte auch wenig, an die Absichtserklärung in den „Leitlinien“ zu erinnern, da diese wenig konkret formuliert war.

Baumkiller Verkehrssicherungspflicht

Hinzu kam das Problem der Verkehrssicherung der Wege. Jeder Eigentümer insbesondere alter Bäume muss dafür sorgen, dass durch umstürzende Stämme oder herabfallende Äste keine Menschen gefährdet werden und keine Sachschäden entstehen. Zwar können solche Vorfälle nie mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden; es besteht aber die Verpflichtung, die Bäume regelmäßig auf Anzeichen zu kontrollieren, die auf eine Gefährdung der Stand- und Bruchsicherheit schließen lassen und dann Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Hier hat die Stadt Hannover als Eigentümerin von Wäldern, die mit einem dichten Wegenetz erschlossenen sind, zweifellos eine große Verantwortung.

Andererseits darf dies nicht dazu führen, dass die Verwaltung an sich selbst viel großzügigere Maßstäbe anlegt als an die einzelnen Bürgerinnen und Bürger. Im gesamten hannoverschen Stadtgebiet - mit Ausnahme der Wälder - sind Bäume mit einem Stammumfang über 60 cm nach der Baumschutzsatzung geschützt. Von den Bürgerinnen und Bürgern wird aus guten Gründen erwartet, dass sie solche Bäume auf Privatgrundstücken auch dann erhalten, wenn dies mit Problemen und Einschränkungen verbunden ist. In Fällen, wo argumentiert wird, dass ein Baum gefällt werden soll, weil er nicht standsicher ist, wird dies von Sachverständigen in der Verwaltung geprüft, wobei im Zweifelsfall auch moderne Messgeräte wie Resistographen eingesetzt werden. Falls das behauptete Risiko nicht bestätigt werden kann, wird keine Fällgenehmigung erteilt.

Während auf Privatgrundstücken also auch bei relativ kleinen Bäumen sehr sorgfältig geprüft wird, wurden in den städtischen Forsten auch älteste und wertvollste Bäume ohne vergleichbare Prüfung mit der Begründung gefällt, sie könnten eine Gefahr darstellen. Politiker und Bürger konnten als Nichtfachleute diesem Argument meist nichts entgegensetzen.

Prüfung statt Fällung auf Verdacht

Im November 2000 wurde von der Verwaltung einmal mehr eine große Baumfällaktion am Eilenriederand von Waldheim und Waldhausen angekündigt. Am Landwehrgraben entlang der Wolfstraße und der Adolf-Ey-Straße sollten alte Bäume gefällt werden, weil sie "entweder krank, faul oder nicht mehr standsicher" seien. 132 alte Bäume waren zum Fällen markiert. Damit wäre hier ein erheblicher Teil der alten Bäume beseitigt worden, die an diesem Waldrand - nach in den Vorjahren bereits stattgefundenen Fällaktionen - noch erhalten waren.

Eine erste Begehung des BUND mit Experten ließ erhebliche Zweifel aufkommen, ob die Stadt für alle der markierten Bäume eine Fällgenehmigung erteilen dürfte, wenn sie auf Privatgrundstücken stehen würden. Der BUND ließ deshalb bei einer öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Statik und Verkehrssicherheit von Bäumen ein Gutachten in Auftrag geben. Hier sollte geprüft werden, ob die Fällungen tatsächlich aus Verkehrssicherungsgründen nötig sind. Im Gutachten wurde deutlich, dass mindestens die Hälfte der untersuchten Bäume nicht gefällt werden müssten. Diese Bäume blieben stehen.

„Methusalemregelung“

Unsere Forderung war, dass in einem ersten Schritt alle Alt- und Uraltbäume, die über eine bestimmte Stärke hinausgewachsen waren sowie alle Höhlenbäume von Baumfällungen ausgenommen sein sollten. Wenn Bäume, die zu erhalten sind, aus Verkehrssicherungsgründen gefällt werden sollen, muss eine ebenso genaue Prüfung der Standsicherheit erfolgen, wie sie im Rahmen der Baumschutzsatzung bei Bäumen auf privaten Grundstücken stattfindet. Auch dann, wenn von den Bäumen nachweisbar eine Gefährdung ausgeht, wird nach Möglichkeit versucht, den Baum durch Pflegemaßnahmen zu erhalten, z.B. durch Entlastung der Krone durch Schnitt. Nur wenn dies nicht möglich oder ganz unverhältnismäßig ist, wird der Baum gefällt.

Im Jahr 2002, nach erneuten Fällungen alter Bäume und damit verbundenen Bürgerprotesten, legte die rot-grüne Ratsmehrheit auf Initiative der Grünen einen Antrag für die Erhaltung „herausragend schutzwürdiger Bäume in stadteigenen Wäldern“, der den BUND-Forderungen nach einer „Methusalemregelung“ entsprach. Beschlossen wurde am Ende, dass, neben Bäumen mit Baumhöhlen, alle Bäume geschützt sind, die in 130 cm Höhe folgenden Durchmesser (Umfang) überschritten haben:

Eiche                                      90 cm (283 cm)

Buche                                     75 cm (235 cm)

Ahorn, Esche, Ulme, Linde      80 cm (251 cm)

Birke                                       55 cm (173 cm)

Sofern, wie auch in den FSC-Richtlinien zur Waldzertifizierung gefordert, in hinreichender Zahl noch nicht geschützte Bäume als Alt- und Totholzanwärter von der Holznutzung ausgenommen werden und in den Schutz „hineinwachsen“ dürfen, ist damit ein im Vergleich zu sehr vielen anderen Forstbetrieben guter Kompromiss gefunden.  

Georg Wilhelm



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