Ackerwildkräuter

Das BUND-Projekt Ackerwildkrautschutz

Seit Ende 1989 führt die BUND-Kreisgruppe Region Hannover ein Projekt zum Schutz von Ackerwildkräutern im Raum Sehnde durch. Dank besonders engagierter Mitglieder bildet dieser Raum einen Schwerpunkt der Naturschutzarbeit des BUND in und um Hannover.

Feld-Rittersporn
Feld-Rittersporn

Ackerwildkräuter - seit Tausenden von Jahren Teil unserer Landschaft

Ackerwildkräuter wachsen als Begleitflora Jahr für Jahr in der Kulturlandschaft auf Äckern oder an Ackerrändern. Sie benötigen die Bearbeitung des Bodens mit dem Pflug, denn in Wiesen und Brachen würden die meisten von ihnen von konkurrenzstärkeren, oft mehrjährigen Pflanzen verdrängt. Mit den Ackerbaukulturen vor rund 5000 Jahren wurde ein Lebensraum für Ackerwildkräuter und die von ihnen lebenden Tiere in unseren Breitengraden geschaffen. In der Römerzeit kam mit dem Saatgetreide eine Vielfalt weiterer Arten nach Mitteleuropa hinzu. Der höchste Artenreichtum dieser Blütenpflanzen existierte in der vorindustriellen Landschaft.

Naturschutz auf landwirtschaftlichen Flächen

Beweggrund für das BUND-Projekt zum Schutz von Ackerwildkräutern ist die Tatsache, dass die Artenvielfalt unserer Äcker erheblich zurückgegangen ist. Durch den intensiven Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln und Kunstdüngern, durch schnelle Kulturfolge und dichte Einsaat haben viele Arten keine Überlebenschance. Nur noch selten können wir uns an Feldern, die mit Farbtupfern aus Klatsch-Mohn, Kornblume oder Feld-Rittersporn überzogen sind, erfreuen. Ein Drittel unserer etwa 300 Ackerwildkraut-Arten steht mittlerweile auf der niedersächsischen Roten Liste der gefährdeten Pflanzen.

Kleiner Perlmutterfalter
Kleiner Perlmutterfalter

Mit den Wildkräutern verschwinden die Tiere

Wegen des Rückgangs von etwa 90 Prozent der Ackerbegleitflora seit der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts sind auch die von ihnen lebenden Insekten, Vögel und Säugetiere in ihrem Bestand stark gefährdet oder verschwunden. Nach Schätzungen von Zoologen sind von den ca. 1200 Tierarten der Äcker etwa 90 Prozent verschwunden oder stark dezimiert. Dazu gehören Rebhühner, der Wachtelkönig, der Feldhamster, der Kleine Perlmutterfalter oder verschiedene Laufkäferarten. Doch allein schon wegen ihrer Vielfalt an Farben und Formen, die die Menschen erfreut, verdienen die Ackerwildkräuter, geschützt und in der Agrarlandschaft erhalten zu werden.

Auch aus Sicht der Landwirtschaft ist eine Verarmung der Ackerlebensgemeinschaft problematisch: Denn vom Artenrückgang und dem Verlust von Ackerwildkräutern im und am Acker sind viele Insekten und Spinnen betroffen, die diese Wildkräuter als Nahrungspflanzen und als Refugien nutzen. Viele dieser Tierarten halten landwirtschaftlich bedeutende Schädlinge wie Blattläuse in Schach. 

Ackerwildkräuter
Ackerwildkräuter

Das BUND-Projekt

Das BUND-Projekt zum Schutz der Ackerwildkräuter umfasst sieben Äcker in der Gemeinde Sehnde mit einer Fläche von insgesamt 10,8 Hektar. Es handelt sich um Flächen mit besonderen Standortverhältnissen, d.h. landesweit seltene, für diesen Raum aber typische Kalkmergelböden und feuchte sandige Lehmböden. Der BUND hat diese Flächen gepachtet und bestellt sie mit Hilfe eines örtlichen Landwirtes ohne Spritzmittel und chemische Düngung. Insgesamt sind auf den Flächen mittlerweile 22 Pflanzenarten der Roten Liste nachgewiesen. Die Äcker sind auch für die Tierwelt eine Bereicherung. Nachgewiesen sind unter anderem Rebhuhn und Feldhamster. Ein stark entwässerter Acker wurde wiedervernässt und entwickelt sich auf einer Teilfläche zum Feuchtgrünland. Diese Fläche, die im Frühjahr lange überschwemmt ist, dient regelmäßig als Rastplatz u.a. für Bekassinen, Flussregenpfeifer, Steinschmätzer und Braunkehlchen und ist Brutplatz für mehrere Kiebitzpaare.

Feld-Rittersporn

Auf einem der BUND-Pachtacker befindet sich das größte niedersächsische Vorkommen des von Juni bis September blühenden Feld-Rittersporns (Consolida regalis). Der ehemals häufige, leuchtend blaue einjährige Rittersporn ist heute zur ausgesprochenen Rarität geworden. Die kalkliebende Pflanze reagiert auf zu hohe Kunstdüngergaben sehr empfindlich und wurde aus unseren Getreidefeldern weitestgehend verdrängt. Der BUND-Acker wird deshalb jedes Jahr nur gepflügt und ungedüngt mit Getreide bestellt, so dass die zarten Pflanzen sich im Laufe der Jahre hier immer stärker vermehren konnten. Von ihrem Nektar profitieren Schmetterlinge und Hummeln. Acker- und Gartenhummeln, die unter dem immer geringeren Nahrungsangebot durch Blütenpflanzen in unserer Agrarsteppe leiden, bestäuben sie und tragen so zum Erhalt dieser wunderschönen Ackerwildblume bei.

Acker auf feuchtem Standort - heute eine Rarität

Die aus Sicht des Pflanzenartenschutzes herausragendste Bedeutung hat ein BUND-Acker bei Sehnde, der in normalen Jahren lange überstaut ist. Hier kommt mit dem Ysopblättrigen Weiderich (Lythrum hissopifolia) eine landesweit vom Aussterben bedrohte Art vor. Es handelt sich hier um die höchste Gefährdungskategorie der niedersächsischen Roten Liste. Eine weitere hier vorkommende Art, deren Bestände in der Vergangenheit extrem zurückgegangen sind, ist der stark gefährdete Acker-Kleinling (Anagallis minima). Weitere besonders bemerkenswerte Arten auf dieser Fläche sind Sumpfquendel (Peplis portula), Mäuseschwänzchen (Myosurus minimus) - beide regelmäßig mit mehreren 10.000 Exemplaren -, Acker-Quellkraut (Montia fontana ssp. chondrosperma), Buntes Vergissmeinnicht (Myosotis discolor), Sand-Vergissmeinnicht (Myosotis stricta) und Gezähnter Feldsalat (Valerianella dentata).

Viele der auf der Fläche vorkommenden Pflanzenarten sind typisch für den Vegetationstyp der Zwergbinsen-Gesellschaften. Sie sind auf nasse Standorte spezialisiert, an denen sich keine geschlossene Pflanzendecke entwickelt. Ihre ursprünglichen Vorkommen lagen in den früheren Flussauen, in denen nach Hochwassern regelmäßig geeignete Standorte freigespült waren.

Nach der Zähmung und Regulierung der Flüsse sind diese Lebensräume fast völlig verloren gegangen. Mit der Anlage von feuchten Äckern schuf der Mensch aber schon früh einen neuen Lebensraum für diese Arten. Doch auch dieser Biotoptyp der traditionellen Kulturlandschaft ist heute durch Entwässerung und Herbizideinsatz oder Brachfallen weitgehend verschwunden. Umso größer ist die Bedeutung der letzten noch vorhandenen artenreichen Bestände der Zwergbinsen-Gesellschaften.

Das Ackerwildkrautschutz-Projekt soll weitergehen

All diese Erfolge waren nur möglich, weil die BUND-Kreisgruppe die Flächen gepachtet und, im Fall der für den Naturschutz wertvollsten Fläche, auch gekauft hat. Für Pacht, Abgaben, Bodenbearbeitung und anderes fallen jährlich Kosten an, die nur teilweise durch Einnahmen wie öffentliche Fördermittel ausgeglichen werden. Der BUND ist daran interessiert, weitere geeignete Flächen zu finden, was jedoch durch den Anbauboom von nachwachsenden Rohstoffen zur Energiegewinnung zur Zeit fast unmöglich erscheint.

Damit der BUND auch in Zukunft für den landesweiten Artenschutz bedeutsame Ackerflächen schützen kann, bittet der BUND um zweckgebundene Spenden unter dem Stichwort: "Ackerwildkrautschutz". Für bewirtschaftete Flächen dieser Art gibt es keinen gesetzlichen Naturschutz, so dass Kauf oder Pacht und die naturschutzgerechte Bewirtschaftung die einzigen Möglichkeiten sind, solche Flächen zu retten und dauerhaft zu erhalten.

Acker-Quellkraut und Mäuseschwänzchen - nur noch sehr seltene Arten feuchter Äcker
Ysopblättriger Weiderich - eines der am stärksten vom Aussterben bedrohten Ackerwildkräuter
Ysopblättriger Weiderich - eines der am stärksten vom Aussterben bedrohten Ackerwildkräuter

Wenn Sie Interesse an unserem Ackerwildkrautprojekt haben oder bei Pflegeeinsätzen von Biotopen wie Kalktrockenrasen, Mahd von Feuchtwiesen und anderen Landschaftspflegemaßnahmen im Raum Sehnde/Lehrte mitmachen möchten, rufen Sie den Projektleiter an oder wenden Sie sich an die Geschäftsstelle.

Literatur

H. Hofmeister, E. Garve: Lebensraum Acker
Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin 1986.

20 Jahre Ackerwildkrautschutz in Niedersachsen
Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen,
Heft 2/07 - NLWKN 2007.
www.nlwkn.niedersachsen.de

Ackerwildkräuter am Kronsberg. Hrsg.: Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün, 1997.
www.hannover.de

Kleingewässer für bedrohte Arten, Hrsg.: NLWKN 2006.

Text und Fotos: Georg Wilhelm, Sibylle Maurer-Wohlatz  

 



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