Der Zaunkönig

Zaunkönig, Foto: Robert Groß
Zaunkönig, Foto: Robert Groß

Wenn ein winziger brauner Vogel wie ein Kobold durch das Unterholz huscht mit einem kurzen, nach oben gerichteten Schwänzchen, wird es wohl ein Zaunkönig sein. Blitzschnell verschwindet er, taucht wieder auf und verblüfft dadurch seine Beobachter. Nie bleibt er an einem Fleck, ständig ist er in Bodennähe in Bewegung; so kann er schon einmal mit einer Maus verwechselt werden. Der Zaunkönig gehört zu den Zwergen unter den Vögeln in unseren Breiten; kleiner sind nur die Goldhähnchen.

Klein aber oho! Unüberhörbar ist der laute Gesang des Zaunkönig-Männchens, der nicht nur im Frühjahr mit lauten schmetternden Strophen und typischem Triller die Menschen erfreut. In der Brutzeit macht er sich mit seinem kräftigen Gesang schon ab 3 Uhr morgens bemerkbar. Und wer bereits im Januar oder Februar einen Zaunkönig hört, irrt sich keinesfalls. Obwohl Zaunkönige zu den Zugvögeln zählen, verbringen viele von ihnen den Winter bei uns. Und wenn der kleine Vogel kräftig und voller Lebensfreude bei Eis und Schnee mitten im Winter zu hören ist, so kundet davon das Sprichwort:

Zaunkönig, Foto: Karsten Lange
Zaunkönig, Foto: Karsten Lange

Sich freuen wie ein Schneekönig

Wer einen Zaunkönig entdeckt oder ihn hört, kann sich tatsächlich freuen. Denn hier muss ein Fleckchen naturnahes Gehölz sein. Zaunkönige brauchen eine unterholzreiche Natur, die ihnen ausreichend Schutz, Nahrung und Nistmöglichkeiten bietet. Diese können sie auf dem Lande wie in der Stadt in Ufergebüschen, Laub- und Mischwäldern, Parks, Gärten und sogar vor unserem Fenster im Vorgarten finden, wenn wir ihnen ein bisschen Wildnis bieten.

Nester im Dickicht

Zaunkönige sind Bodenbrüter, die ihr Nest unter Wurzeln, niedrigen Ästen und Zweigen und unter Hecken bauen. Deshalb machen ihnen bis zum Boden abgeschnittene Sträucher das Leben schwer. Auch Vorgärten mit englischem Rasen und exotischen Gehölzen bieten keinen geeigneten Lebensraum. Während in heimischen Bäumen und Sträuchern die verschiedensten Insekten und Spinnen leben, lassen sich die Insektenarten, die von nicht gebietsheimischen oder gar exotischen Gehölzen wie der Robinie oder Forsythie leben, an einer Hand abzählen. Anders dagegen bietet unsere heimische Flora alles was Zaunkönige brauchen: Auf Weide, Birke, Schlehe oder Haselnuß leben 100 bis 450 verschiedene Insektenarten, die nicht nur für diese liebenswerten kleinen Vögel Hauptnahrungsquelle sind. Dagegen finden in einem geputzten, kahlen, "ordentlichen" Vorgarten Zaunkönige kaum Nahrung.

Kuscheln in Baumhöhlen

Ihr Winterquartier finden die Vögel in Baumhöhlen; also sind alte, knorrige Bäume wichtige Lebensräume auch für den König unter den Vögeln. Um sich vor der Winterkälte zu schützen und gegenseitig zu wärmen, finden sich schon einmal Gruppen von bis zu 20 Zaunkönigen in einer Höhle zusammen. Sonst sind die unauffälligen Vögel eher Einzelgänger.

Zaunkönignest aus den Resten eines Tannenbaums zu einer Kugel geformt, Foto: BUND
Zaunkönignest aus den Resten eines Tannenbaums zu einer Kugel geformt, Foto: BUND

Winterfutter

Besonders im Winter ernähren sich Zaunkönige von Sämereien, so dass heimische Pflanzen und Büsche, die nicht im Herbst geschnitten wurden und noch im Winter Samen und Früchte tragen, ihnen den Tisch bei Kälte decken.

Wer baut die schönsten Spielnester?

Im zeitigen Frühjahr bauen die Männchen mehrere halbkugelige Nester aus Moos und weichem Material wie Federn und Haaren im Gebüsch oder zwischen knorrigen Wurzeln. Viele dieser Nester werden nur als "Spielnester" genutzt. Die Zaunkönigmännchen versuchen mit ihrem auffälligen Gesang und Gebaren, Weibchen auf sich aufmerksam zu machen und für eines der Nester zu begeistern. Das Weibchen sucht sich das schönste zum Brüten aus.

Mut zur Wildnis

Wer Zaunkönigen in der Stadt oder im Garten Nistmöglichkeiten bieten will, sollte zu allererst dafür sorgen, dass in der Umgebung einheimische Bäume und Sträucher vorhanden sind und dass auf Moosentfernungsmittel, Insektizide und Unkrautvernichtungsmittel verzichtet wird. Wo ein Stückchen unterholzreiche Wildnis wachsen darf, wird sich von ganz allein ein Zaunkönig ansiedeln.Hier finden die Vögel natürliche Quartiere. Wilde Ecken mit Altholz und Reisig schützen die Vögel nicht nur vor Feinden, sondern können auch ästhetisch ansprechend mit Farn und Stauden gestaltet werden. Holzstapel, alte Mauerreste oder Natursteinmauern mit Spalten und Nischen helfen den Vögeln, Unterschlupf zu finden. Auch im Schutz von dichtem Brombeergebüsch und im Brennesselgestrüpp fühlen sich der Zaunkönig und andere Bodenbrüter wie das Rotkehlchen wohl.

Ein Beitrag zum Naturschutz in der Stadt

Wer eine Nisthilfe anbieten will, sollte darauf achten, dass sie vor Katzen sicher ist. Im Fachhandel und Versand sind geeignete Nisthilfen aus Flechtwerk und Moos erhältlich.Man kann eine Nisthilfe auch selber machen, indem man Fichtenzweige kugelig ineinandersteckt und nur eine kleine Öffnung zum Einschlüpfen läßt. Eine solche Nisthilfe kann in Bodennähe in dichtes Buschwerk gehängt werden. Mit etwas Glück wird ein Zaunkönig darin sein weiches Nest bauen. Auch in einer Blechdose wird schon einmal ein Nest gefunden. Aber das soll natürlich kein Plädoyer dafür sein, Müll in die Landschaft zu werfen.

Wer alte Äste im Garten zu einem dichten Zelt schichtet, hilft dem Zaunkönig, sich vor Feinden - wie Katzen oder Raubvögeln - zu verstecken und schafft zugleich für viele andere Tiere einen wertvollen Lebensraum: Auch Igel schlafen unter solchen Holzzelten gerne.

Der Zaunkönig und der Bär

Wer Freude am Lesen hat, kann sich die Märchen der Gebrüder Grimm zu Gemüte führen und zum Frühjahrsgesang des bezaubernden Vogels "Der Zaunkönig und der Bär" lesen: "Zur Sommerszeit gingen einmal der Bär und der Wolf im Wald spazieren. Da hörte der Bär so schönen Gesang von einem Vogel und sprach: "Bruder Wolf, was ist das für ein Vogel, der so schön singt?" "Das ist der König der Vögel", sagte der Wolf, "vor dem müssen wir uns neigen." Es war aber der Zaunkönig. "Wenn das so ist," sagte der Bär, "so möcht ich auch gerne seinen königlichen Palast sehen, komm und führe mich hin!"

Vielleicht können auch Sie dazu beitragen, dass solche kleinen "Königspaläste" in unserer Stadt vielerorts gebaut werden!

Sibylle Maurer-Wohlatz

Beratung zum Bau von Nisthilfen und naturgemäßem Gärtnern: Klaus Hennemann Tel.: (05 11) 69 22 52 Arbeitsgruppe Garten naturgemäß



Arbeitsgruppe Garten naturgemäß

Kontakt:
Sibylle Maurer-Wohlatz
smw@nds.bund.net
und Astrid Groß, Susanne Leibold, Gerd Wach (Fachberater)

Treffen:
nach Vereinbarung in einem Garten eines Mitglieds der Arbeitsgruppe

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