Die Durchsetzung der letzten Stufe der Umweltzone soll nach dem Willen des Ministers Sander in Hannover gekippt werden als angeblich "überzogene Umweltmaßnahme".
Das Gericht urteilte nun am 16. Februar 2010, dass die Stadt die Weisung des Ministers zum Entschärfen der Umweltzone nicht befolgen darf ohne vorher die Öffentlichkeit zu beteiligen. Außerdem heißt es in dem Beschluss: Die Umweltzone sei ein geeignetes Mittel, um die Luftqualität zu verbessern und die Grenzwerte einzuhalten.
Hier die Pressemittelung des BUND Landesverbandes Niedersachsen dazu.
Rückblickend: Am 15. Januar 2010 hat Minister Sander den Oberbürgermeister Weil angewiesen, Kraftfahrzeuge mit einer gelben Plakette auch weiterhin die Fahrt in der Innenstadt zu genehmigen. Nunmehr wurde diese Entscheidung gerichtlich geklärt.
Der BUND kritisierte den Steinzeit-Erlass des Ministers Sander scharf aus folgenden Gründen:
1. Hat die Luft seit der Einführung der Umweltzone sich bereits deutlich verbessert.
2. Die Belastung mit Stickoxiden (NOx) ist immer noch viel zu hoch; daran hat der Verkehr den größten Anteil. Die Umsetzung der hohen Anforderungen EU-Richtlinie zur Reduktion von Stickoxiden wird in Hannover nicht ohne umfassende Maßnahmen möglich sein. Dazu gehört u.a. auch, dass Fahrzeuge mit hohen Schadstoffbelastungen und hohem Energieverbrauch nicht mehr in die Stadt gehören.
3. Jede Maßnahme, die - wie das Fahrverbot für nicht umgerüstete Fahrzeuge (gelbe Plakette) - trägt zur weiteren Verbesserung der Luftqualität bei und initiiert einen Innovationsschub zur Verbesserung der Emissionen von Fahrzeugen. Eigentlich sind noch umfangreichere Maßnahmen zur Reduktion der Verkehrsemissionen geboten als "nur" die grüne Plakette. Der BUND fordert daher ein ganzes Paket von Maßnahmen.
4. Minister Sander hat selber den Luftreinhalteplan für Hannover im Jahr 2006 erlassen; dann wurde die umliebsame Umsetzung dieser Maßnahmen der Stadt Hannover aufgedrängt. Nunmehr rudert der Ministger populisitisch wieder zurück und entzieht sich der Verantwortung, die von der EU beschlossene Luftreinhaltung durchzusetzen.
5. Die Menschen und die Betriebe, die bereits ihre Fahrzeuge umgerüstet haben und Werkstätten, die teure Rußfilter auf Vorrat gelagert haben, werden durch dieses Chaos in ihren Bemühungen lächerlich gemacht.
6. Umwelt braucht Planung: Wie immer wieder auch seitens der Wirtschaft zu hören ist, sind nicht die hohen Umweltauflagen das Problem, sondern mangelnde Planungssicherheit und einheitliche Standards. Innovation braucht klare Vorgaben und nicht Chaos!
Hier ein Leserbrief zur hannoverschen Umweltzone – Januar 2010
von Georg Wilhelm (Vorstandsmitglied - BUND Region Hannover)
Die Umweltzone in Hannover, und zwar ausdrücklich auch mit Fahrverboten ab 2010 für Dieselfahrzeuge bis Euro-Norm 3, ist schon im Entwurf zum „Luftreinhalte- und Aktionsplan Hannover“ von 2006 vorgesehen. Dieser Plan stammte vom Niedersächsischen Umweltministerium, der Minister hieß wie heute Hans-Heinrich Sander. Anhand von Forschungsergebnissen, in diesem Fall allerdings keinen veralteten, belegten die Fachleute von Herrn Sander, dass die Umweltzone sowohl bei Feinstaub- als auch bei Stickoxydwerten zu erheblichen Entlastungen führen würde. Die unpopuläre Aufgabe allerdings, die Umweltschutzmaßnahmen dann auch durchzusetzen, kippte der Minister kurz danach gegen deren Willen der Stadt Hannover vor die Füße. Herrn Sanders Beitrag zur Luftreinhaltung in den folgenden Jahren bestand ausschließlich aus Krawall gegen die kommunalen Behörden („ineffektiver Aktionismus“), die seinen Job erledigten. Letztlich beschädigt er mit seinem Verhalten sein eigenes Ministerium, doch man darf bezweifeln, dass ihn dies ernsthaft stört. „Das Umweltministerium abzuschaffen, das wäre doch ein gutes Ziel“, soll er einmal bei einer Versammlung vor seinen verblüfften Mitarbeitern verkündet haben. Ein Minister, der ein geradezu feindliches Verhältnis zum eigenen Ressort hat, dürfte ziemlich einzig dastehen.
Wer sein Fahrzeug für gesündere Luft in Hannover freiwillig oder notgedrungen fit gemacht hat, muss sich verhöhnt vorkommen, wenn ihm der eigentliche Verantwortliche und Zuständige jetzt vorhält, seine Kosten und Mühen seien nicht notwendig, sondern „überzogener“ Umweltschutz gewesen. So kann man Umweltschutz bei vielen Mitmenschen insgesamt in Misskredit bringen. Die Rücknahme der letzten Stufe der Umweltzone reiht sich ein in eine lange Kette von Handlungen dieses Ministers, die aus einem rein destruktiven Amtsverständnis erwachsen. Eine Partei und ein Ministerpräsident, die einen Politiker wie Herrn Sander ins Amt gebracht haben und an ihm festhalten, haben jede umweltpolitische Glaubwürdigkeit verloren.
Leserbrief zu „Sander schreibt Hannover die grüne Welle vor“
von Sibylle Maurer-Wohlatz (Geschäftsführerin BUND Region Hannover)
Die Umweltzone in Hannover hat sich bereits bewährt; die Luft ist spürbar sauberer geworden; die Feinstaubwerte sind gesunken. Die Belastung mit Stickoxiden hingegen ist immer noch viel zu hoch: Die von der EU vorgeschriebenen Werte werden immer noch überschritten. Hauptverursacher dieser Schadstoffe, die auch als Vorläufer von Ozon berüchtigt sind, ist der Verkehr und die immer noch hohen Treibstoff-Verbräuche der Fahrzeugflotte (auch bei unserer Hausmarke Volkswagen)!
Nun, Herr Minister Sander (denn Umweltminister mag man/frau sie kaum noch nennen): Mit grüner Welle wollen Sie dies lösen? Super: dann wohl auf Kosten der Fußgänger, der Radfahrer, der Öffis! Denn diese müssen dann NOCH LÄNGER warten. So erreichen Sie genau das Gegenteil. Mit jeder Ortsumgehung vor den Toren Hannovers, drängen zu den Hauptverkehrszeiten noch mehr Fahrzeuge in die Stadt. Dann werden Sie wahrscheinlich noch längere Grüne Wellen fordern. Am besten bleiben dann alle anderen, die nicht in einem Auto sitzen, gleich zu Hause. Eine Optimierung der Grünen Welle funktioniert nämlich nur dann, wenn sich nicht zu viele Autos auf den Straßen drängen. Das Problem wird auch der klügste Rechner nicht lösen können. Fragen Sie doch mal Verkehrsplaner und Ingenieure, Herr Minister.
Stattdessen schlage ich vor:
1. Fahr nicht einsam, fahrt gemeinsam: Herr Sander, Fahrgemeinschaften können in Stoßzeiten die Zahl der Autos drastisch reduzieren und Luftverschmutzung reduzieren,
2. langsames und stetiges Fahren, an Ampelschaltungen orientiert, statt stopp-and-go zu rasen, optimiert den Verkehrsfluss (die Grüne Welle macht sich so selber),
3. immer öfter mal zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren, ist sehr gesund und trägt auch noch zur Entlastung Hannovers bei,
4. lieber mal zur Pizzeria um die Ecke zu Fuß gehen, als den automobilen Pizzabringdienst nach Hause zu ordern.
5. Ach, Herr Minister Sander, kommen Sie doch mal zu Fuß vom Archiv zu uns in die Goebenstraße; dann können wir darüber noch mal in Ruhe sprechen.
Fazit: Viele kleine Schritte summieren sich zu großen Effekten! Statt freie Fahrt für (schnell fahrende motorisierte) Bürger, fordert der BUND daher von Schadstoffen freie Luft für alle Bürger!
Siehe auch dazu vom Januar 2010: Pressemitteilung des BUND Landesverbandes Niedersachsen zu Sanders Erlass.