Hannover/Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat vor der Gefährdung europäischer Fledermausarten durch Pestizide gewarnt. „Die Bestände vieler in der Agrarlandschaft vorkommender Fledermausarten sind seit dem verstärkten Einsatz von Insektiziden in den sechziger und siebziger Jahren rückläufig und teilweise sogar zusammengebrochen. Auch Herbizide wie Glyphosat tragen dazu bei, dass Fledermäuse wesentlich weniger Nahrung finden und dadurch bedroht sind“, sagte der stellvertretende BUND-Vorsitzende Jörg Nitsch im BUND Fledermauszentrum Hannover bei der Vorstellung der BUND-Publikation „Pestizide – Eine Bedrohung für unsere Fledermäuse“.
Darin werden aktuelle Forschungsergebnisse von verschiedenen Fledermaus- und Pestizidexperten zusammengefasst. „Fledermäuse kommen auf landwirtschaftlichen Flächen und auf Obstplantagen, die mit Pestiziden behandelt wurden, mit belasteter Nahrung in Kontakt oder leiden an der Abnahme ihrer Beuteinsekten in der Umgebung. Der deutliche Rückgang von Köcher- und Steinfliegen, Schmetterlingsarten, Käfern und anderen Insekten durch die Pestizidbelastungen führt dazu, dass Fledermäuse nicht mehr genügend Nahrung vorfinden“, so Nitsch. Außerdem reicherten sich die Gifte in den Speicherfetten der Tiere an. Während ihrer Überwinterung würden die Fettdepots abgebaut und die Pestizide freigesetzt. In hohen Konzentrationen gelangten sie dann auch in ihr Hirn. Dort könnten sie zu schweren funktionellen Störungen und auch zum Tod führen.
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts seien bei allen Fledermausarten in Deutschland starke Rückgänge zu verzeichnen. Teilweise erholten sich die heimischen Fledermauspopulationen in den 1990er Jahren, ohne jedoch die ehemaligen Bestandsgrößen wieder erreichen zu können. Die Bestände der Kleinen Hufeisennase seien vielerorts nahezu vollständig zusammengebrochen. In Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Baden-Württemberg sei diese Art ganz ausgestorben. Die meisten der in der Agrarlandschaft vorkommenden Arten befänden sich inzwischen auf der Roten Liste der in ihrem Bestand bedrohten Säugetierarten.
In den vergangenen Jahren stieg der Einsatz von Pestiziden um mehr als ein Drittel, zwischen 2011 und 2014 von damals knapp 35000 auf über 45000 Tonnen. Auf rund 40 Prozent der deutschen Ackerfläche wird zum Beispiel Glyphosat eingesetzt.
„In Studien wurde festgestellt, dass Fledermäuse mit Pestiziden behandelte Regionen meiden oder sich dort nicht erfolgreich vermehren können. Gerade auch Flächen, die mit Glyphosat behandelt wurden, sind für Fledermäuse kritisch“, sagte der BUND-Pestizidexperte Tomas Brückmann. Er kritisierte, dass vor der EU-Zulassung für Pestizide die Auswirkungen auf Fledermäuse nicht untersucht würden und forderte, dies im Verfahren zu ändern.
„Fledermäuse können mit bis zu 38 Jahren sehr alt werden. In ihnen werden noch heute gefährliche Pestizide wie DDT und PCB nachgewiesen, die schon seit vielen Jahren verboten sind“, sagte Brückmann. Zu den Auswirkungen von Pestiziden gehörten beispielsweise Störungen der Kommunikationsfähigkeit und des Lernvermögens sowie Beeinträchtigungen des Immunsystems.
Die BUND-Publikation „Pestizide – Eine Bedrohung für unsere Fledermäuse“ gibt es zum Download (PDF) unter: www.bund.net/pdf/fledermaus_broschuere
Pressekontakt: Tomas Brückmann, BUND-Pestizidexperte , Tel. 030-27586-420, E-Mail: tomas.brueckmann@bund.net, BUND-Pressereferentin Annika Natus, Tel. 030-27586-425/-464, Mobil: 0157-87008635, E-Mail: presse@bund.net; www.bund.net