Transatlantische Partnerschaft zwischen EU und USA geht anders. Die Regierungen Europas und der USA planen das »transatlantische Freihandels- und Investitionsabkommen« (TTIP).
Hier finden Sie dazu ein Positionspapier von kritischen NGO´s, dass auch von uns mit unterstützt wird: Positionspapier zu TTIP deutscher NGOs
Die deutsche Bank, BMW und Monsanto freuen sich, dass die EU-Kommission und die USA die Verhandlungen für ein „Transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen“ (TTIP) aufgenommen haben. Im Zentrum der Verhand-lungen stehen Marktliberalisierungen für Güter, Dienstleistungen und Investitionen durch die Beseitigung von Zöllen und sogenannten „nicht tarifären Hemmnissen“. Gemeint ist die wechselseitige Anerkennung und Angleichung oder zukünftig gemeinsame Erarbeitung von Regulierungsstandards. Was zunächst positiv erscheint, erweist sich allerdings z.B. im Bereich der Lebensmittelsicherheit, im VerbraucherInnen- oder Umweltschutz als ein massiver Angriff auf unser europäisches Vorsorgeprinzip. Im Gegensatz zu den niedrigen amerikanischen Standards schützt dies die Interessen und die Sicherheit der VerbraucherInnen und der Umwelt erheblich stärker.
Das nicht damit zu rechnen ist, dass die USA diese höheren Standards übernehmen werden, zeigt die Entwicklung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens zwischen den USA, Kanada und Mexiko. Dort sind sowohl die Arbeitsmindeststandards als auch die Löhne gesunken. Bei näherer Betrachtung der Studien, die ein TTIP-bedingtes Wirtschaftswachstum versprechen, ist festzustellen, dass bei der Beseitigung der Handelshemmnisse die VerbraucherInnen und ArbeitnehmerInnen betreffende gesellschaftliche Regulierungsinteressen und Risikofaktoren stillschweigend übergangen werden. Externe Kosten – wie z.B. Klimafolgen oder Natur- und Umweltschutzauflagen – werden völlig ignoriert und nicht vom vermeintlichen Wohlfahrtsgewinn abgezogen. Das IFO-Institut prognostiziert auf lange Sicht bis zu 80 Prozent mehr Handel zwischen der EU und den USA und somit Wachstum. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass der Konsum in unseren Ländern so stark steigt. Dies unbenommen von der Frage, ob dies ökologisch und gesellschaftlich sinnvoll wäre. Die vorhergesagte Produktivitätssteigerung dürfte – wie alle anderen bisher – den Verlust und nicht die angekündigte Schaffung von Arbeitsplätzen zur Folge haben.
Wer nun annimmt, das EU-Parlament habe Einblick in die Verhandlungspapiere, irrt. Lediglich 5 Abgeordnete sind dazu berechtigt. Sie dürfen allerdings nichts darüber nach außen tragen, denn die Verhandlungen sind geheim! Sowohl die anderen Parlamentarier als auch die BürgerInnen werden nicht beteiligt! Hier soll ohne ihre Mitsprache ein großer, deregulierter transatlantischer Markt geschaffen werden. Schon jetzt stecken wir in ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisen. Die fehlende Finanzmarktkontrolle greift tief in unsere Steuerkassen. Der Daten- und Rechtsschutz gegenüber anderen Staaten und internationalen Konzernen lässt stark zu wünschen übrig. Jetzt sollen auch die Schranken gegen Gentechniklebensmittel, Klon- und Hormonfleisch und Chlorhühner sowie deren Kennzeichnung fallen.
Kernprinzipien des Klima- und Umweltschutzes wie das Vorsorge- und das Verursacherprinzip laufen genauso wie z.B. die Weiterentwicklung der EU-Chemikalienrichtlinie REACH und die EU-Strategie zur Begrenzung der von Kunststoffen ausgehenden Umweltgefahren den US-Exportinteressen zuwider. Das Patent- und das Haftungsrecht unterscheiden sich in beiden Wirtschaftsbereichen erheblich. Für jede neue Technologie muss nach unserem Verständnis das Vorsorgeprinzip gelten, wie etwa die gefährliche Gewinnung von Gas durch Fracking. Mit TTIP wäre für jede einschränkende gesetzliche Regelung die Zustimmung aller Vertragspartner erforderlich. Die Daseinsvorsorge – z.B. in den Bereichen Wasser, Gesundheit, Energie oder Verkehr – darf nicht privatisiert werden. Den hierfür erforderlichen politischen Gestaltungsspielraum auf kommunaler und nationaler Ebene würde ein TTIP ganz erheblich einschränken. Es darf nicht sein, dass z.B. US-Konzerne Klagerechte gegen europäische Umwelt- und Sozialgesetze erhalten. Die geplanten Sonderklagerechte für Unternehmen im Rahmen sogenannter Investor-Staat-Schiedsgerichte würden politische Gestaltung dramatisch beschränken. Sie würden grundlegende Rechtsstaatprinzipien unterlaufen.
Hannelore Plaumann