Vorwort zur Tagung:
In Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün und Prof. Heike Bohne von der Leibniz Universität Hannover wurde diese Tagung zu Qualitätssi-cherung und Umwelteffekten von Pflanzenkohlen (biochar) vom BUND geplant.
Anlass war die unter Kleingärtnerinnen und Gärtnern seit einiger Zeit gerne praktizierte Metho-de Pflanzenkohle-Kompost nach Terra Preta – Art herzustellen. Aus Gründen des Vorsorgeprin-zips und Bodenschutzes ist es sowohl der Landeshauptstadt Hannover als auch dem BUND wich-tig, Gartenböden – die teilweise schon vorbelastet sind - nicht mit Schadstoffen zu belasten. Die Verwendung von Pflanzenkohle wird inzwischen weit über den Einsatz in Kleingärten hinaus begeistert befürwortet, aber auch abgelehnt. Daher ist die Qualitätssicherung von Pflanzenkoh-le eine wichtige Frage, die wir im Rahmen der Tagung erörtern und soweit es auf dem Stand des Wissens möglich ist, beantworten wollen. Qualitätssicherung von Pflanzenkohle hilft, damit KleingärtnerInnen, landwirtschaftliche Betriebe, der Erwerbsgartenbau ebenso wie städtische Grünflächen Sicherheit bekommen, was die Unbedenklichkeit von Pflanzenkohle betrifft. Dazu dient vor allem der Beitrag zum „European Biochar Certifcate“ (EBC). BUND Kreisgruppen, die sich bundesweit mit dem Thema beschäftigen, haben zu diesem ersten wichtigen Themenkom-plex ein Arbeitspapier verfasst, das u.a. auch beim BUND Hannover unter www.bund-hannover.de unter Themen „Terra Preta“ in der aktuellen Version steht.
Darüber hinaus wird oft kontrovers diskutiert, dass in unseren Klimazonen der Einsatz von Pflanzenkohle zur Optimierung von Böden überflüssig ist und nicht funktionieren kann. Sind diese unter dem Namen „Terra Preta do Indio“ bekannten anthropogenen Schwarzerden also Alleinstellungsmerkmal des tropischen Amazonasgebietes, wodurch das Thema überhaupt erst international in den öffentlichen Fokus gekommen ist? Gibt es solche, von Menschen gemachte Böden auch in den gemäßigten Zonen? Dieser Frage widmet sich die Forschung seit kurzer Zeit auch in Deutschland. BodenkundlerInnen arbeiten hier eng mit ArchäologInnen zusammen, um solche Standorte zu identifizieren und zu untersuchen. Dies wird zu Beginn der Tagung in einem Beitrag vorgestellt.
Eine Zielsetzung ist es, im Rahmen der Tagung verschiedene Umwelteffekte von Pflanzenkohle näher zu beleuchten. Wir werden nicht alle Umwelteffekte und Einsatzmöglichkeiten für Pflan-zenkohle im Rahmen dieser Tagung abhandeln können, sondern uns auf einige Aspekte kon-zentrieren müssen: Die Speicherung von Nährstoffen in Pflanzenkohle; die Mitkompostierung von Pflanzenkohle, die sich während dieses Prozesses mit Nährstoffen auflädt und diese dann möglicherweise über einen längeren Zeitraum nachliefert als es mit mineralischem NPK-Dünger möglich ist. Ebenso sind die Vermeidung von Grundwasserbelastung und Klimagasen durch den gezielten Einsatz von Pflanzenkohle mit Vorbehandlung Gegenstand der heutigen Diskussion. Auch die Behandlung von Gülle – hier in bäuerlichen Betrieben und keineswegs zur Legitimierung einer industriellen Massentierhaltung – stellt eine bislang in Niedersachsen. kaum praktizierte Chance dar, die von einem Praktiker vorgestellt wird.
Welche Chancen bieten diese Umwelteffekte für regionale Stoffstromkreisläufe, wie es im TerraBoGa Projekt in Berlin demonstriert wird? Die begrenzte Ressource Phosphat und das bis-lang kaum genutzte Phosphatrecycling mit Hilfe von Pflanzenkohle zeigen, welche großen Men-gen Wertstoffe immer noch ungenutzt bleiben.
Ein weiterer Aspekt, der sich vor allem mit dem Ziel beschäftigt, torffreie Substrate mit Pflan-zenkohle als Alternative zu Torfsubstraten zu entwickeln, ist für die Region Hannover mit seinem Naturschutzgroßprojekt und für Niedersachsen von besonderer Bedeutung. Dem Moorschutz zuliebe setzt sich auch der BUND schon lange dafür ein, auf Torf zu verzichten. Aha bietet die Hannoversche Erde als torffreies Substrat an; die Politik hat dies unterstützt. An Universitäten wird daran geforscht, wie sich torffreie Substrate auf Pflanzenkohlebasis optimieren lassen.
Jedoch lässt sich nicht mit jeder beliebigen EBC-zertifizierten Kohle ein Substrat für jede beliebi-ge Verwendung herstellen. Weitere Schritte weisen in die Zukunft: um Pflanzenkohlen zu pro-duzieren, die vorhersehbare, garantierte positive Effekte in verschiedenen Anwendungen haben, sind Normierungen notwendig. Auch die Frage der Gütesicherung von Pflanzenkohle-Komposten oder Substraten für den Erwerbs- und Hobbygartenbau ist aus Sicht des Verbraucherschutzes wesentlich. Hier sind sowohl Hersteller von Pflanzenkohlen und Substraten als auch die Forschung – unterstützt durch ein öffentliches Interesse – gefordert.
Was kann wer im interdisziplinären Verbund dazu beisteuern? Welche Netzwerke sind erforder-lich, um die Diskussion um Qualitätssicherung, Umwelteffekte und gesicherte Anwendungen von Pflanzenkohle voran zu bringen? Welche Gesetze und Verordnungen sollten entsprechend angepasst werden? Was können Kommunen, kommunale Kompostierer und KleingärtnerInnen dazu beisteuern? Welche Weichen könnten auf Landesebene gestellt werden? Diese und viele weitere Fragen könnten kontinuierlich auf unterschiedlichen Ebenen, aber kooperativ von allen an diesem Prozess beteiligten Akteuren mit gemeinsamer Kompetenz, angepackt und beant-wortet werden.
Die vielfältigen weiteren Möglichkeiten Pflanzenkohle zu nutzen sprengen leider den Rahmen der Tagung: so zum Beispiel, um Straßenabwässer zu reinigen, Schadstoffe in belasteten Böden zu neutralisieren, oder um mit Pflanzenkohle Baustoffe und Raumklima in Gebäuden zu opti-mieren ebenso wie der Einsatz von Pflanzenkohle in der Tierfütterung zur Verbesserung der Tiergesundheit sowie die Kaskadennutzung bis hin zum Verbringen des so produzierten tieri-schen Düngers in Böden. Besonders spannend ist auch die bislang nur wenig beachtete Frage der Verbesserung des Bodenlebens – der Bodenfauna, der Bakterien sowie Mykorrhizen durch Pflanzenkohle. Oder auch Fragen des Klimaschutzes – ob mit Pflanzenkohle ein wichtiger Beitrag zur Kohlenstoffsequestrierung in Böden und Vermeidung von Klimagasen zu erzielen ist - werden nur gestreift ebenso wie die Langzeitstabilität von unterschiedlichen Pflanzenkohlen.
Wir werden diese Aspekte aber weiter verfolgen.
Für das Organisationsteam:
Prof. Dr. Heike Bohne
Sibylle Maurer-Wohlatz