Kalihalden

Kaliwerk Sigmundshall bei Wunstorf-Bokeloh
Kaliwerk Sigmundshall bei Wunstorf-Bokeloh

Kalibergbau war einst in Niedersachsen weit verbreitet, und besonders in der weiteren  Umgebung Hannovers kam es zu einer länger anhaltenden Bergbautätigkeit. Die großen Rückstandshalden (Siehe Tabelle) bezeugen, wo bedeutende Kaliwerke entstanden sind. Nur das Kaliwerk Sigmundshall bei Wunstorf-Bokeloh ist heute noch in Betrieb.


Kalihalden in Niedersachsen

Halde / Ort


Masse (Millionen Tonnen)


Niedersachsen-Riedel  / Wathlingen

22

Sigmundshall / Wunstorf-Bokeloh

33 (2006; weiter steigend)

Siegfried / Giesen

20

Friedrichshall /Sehnde

30

Bergmannssegen-Hugo / Lehrte

30

Hansa / Empelde

9

Albert / Ronnenberg

6,5 (davon 3,5 abgetragen)

Etliche kleine Abteufhalden

1


Summe (Niedersachsen)


151,5

 

Kalihalden, oder korrekt: Rückstandshalden der Kaliwerke, enthalten die unerwünschten Nebenbestandteile des Kalirohsalzes, die bei der Aufbereitung und Herstellung von Kalidünger und Kalichemikalien abgetrennt worden sind. Es handelt sich hauptsächlich um Steinsalz. Dort wo Hartsalze gewonnen wurden, sind in der Regel auch erhebliche Mengen Kieserit und Anhydrit enthalten.

Typische Zusammensetzung von Kalihalden (Gew.%)

Steinsalz (NaCl)

70-95


Kieserit (MgSO4×H2O)

0,5-30


Anhydrit / Gips (CaSO4)

0,5-25


Kalisalzreste (KCl)

1-3


Ton, unlösliche Bestandteile

0,5-5


Haldenwässer

Durch Niederschläge werden aus den Kalihalden ständig Salze heraus gewaschen. Ein Teil dieser Haldenlösungen fließt in die Randgräben der Halden und wird von dort in die nächsten Fließgewässer oder ins tiefere Grundwasser eingeleitet. Der Rest versickert durch die Haldenbasis im Untergrund und gelangt so ins oberflächennahe Grundwasser.  Eine nennenswerte Verdunstung der Haldenlösungen findet im Jahresmittel nicht statt, weil Salze hygroskopisch sind. Es ist sogar wahrscheinlich, dass größere Mengen Luftfeuchtigkeit von den Salzhalden absorbiert werden. 

Kalihalden bestehen fast vollständig aus Steinsalz, das (im reinen System NaCl-H2O) eine Löslichkeit von 360 kg NaCl pro Kubikmeter Wasser hat (entspricht 2,78 m³ Wasser pro Tonne Salz). Die Kalihalden werden daher durch Niederschläge mit der Zeit abgetragen, jedes Jahr um ca. 10 Zentimeter. Bei einer typischen Höhe von 100 Meter über Gelände dauert es also rund 1000 Jahre, bis eine Halde weg geregnet ist.

Aufgrund ihrer Größe haben Kalihalden ein enormes Versalzungspotential. Eine typische Halde von 30 Millionen Tonnen kann bis zu ihrer vollständigen Auflösung bis zu 72 Kubik-Kilometer Süßwasser unbrauchbar machen, indem der Chlorid-Grenzwert der Trinkwasserverordnung (250 mg/L Cl) überschritten wird. Dadurch werden besonders die Trinkwassergewinnung und die landwirtschaftliche Nutzung von Grundwasser auf Jahrtausende beeinträchtigt. Verschärft durch künftig höheren Wasserbedarf infolge des Klimawandels, kann dies fatale Folgen für ganze Regionen haben.

Die deutsche Kali- und Salz-Industrie leugnet immer noch, dass von ihren Kalihalden eine Gefahr für das Grundwasser ausgeht. So wird behauptet, Kalihalden seien dicht und eine Versickerung ins Grundwasser unmöglich. In den elsässischen Kaliminen freilich hat man schon vor Jahren damit begonnen, die Kalihalden zu beseitigen, weil die Halden dort ein massives Versalzungsproblem im Grundwasser verursacht haben. Die in Deutschland verantwortlichen Behörden unternehmen bisher nichts, um die Grundwasserversalzung im Bereich von Kalihalden aufzuklären. Der BUND hat mittlerweile Beweise für die Grundwasserversalzung zusammengetragen, die hier vorgestellt werden.

Kalihalde Sigmundshall

Antragsunterlagen zur Haldenerweiterung der Kalihalde Sigmundshall wurden vom BUND hinsichtlich der Grundwasserversalzung ausgewertet. Eine kartenmäßige Darstellung der elektrischen Leitfähigkeitswerte in zahlreichen Beobachtungsbrunnen hat eine klar definierte Versalzungsfahne ergeben, die unterhalb der Kalihalde mit gesättigten Salzlösungen beginnt und sich in Strömungsrichtung des Grundwassers nach Osten ausbreitet. Die Salzfahne hat bereits das Einzugsgebiet des Wasserwerkes Hohenholz erreicht. Das verantwortliche Landesamt für Bergbau, Energie und Umwelt (LBEG) wurde auf diese Grundwasserverunreinigung bereits Anfang März 2005 vom BUND schriftlich hingewiesen, aber mit Sanierungsmaßnahmen wurde nach Kenntnis des BUND bis heute (Januar 2007) nicht begonnen, so dass sich die Salzfahne ungehindert weiter ausbreiten kann.

Versalzungsfahne im Grundwasser unterhalb der Kalihalde Sigmundshall. Abstufungen der elektrischen Leitfähigkeit: 10, 50, 100, 150, 200, 250 mS/cm
Versalzungsfahne im Grundwasser unterhalb der Kalihalde Sigmundshall. Abstufungen der elektrischen Leitfähigkeit: 10, 50, 100, 150, 200, 250 mS/cm

Kalihalde Ronnenberg

Kalihalde Ronnenberg (Januar 2007)
Kalihalde Ronnenberg (Januar 2007)

Die Kalihalde Ronnenberg (Kali Chemie AG) ist von besonderem Interesse, weil sie in den letzten Jahren bis auf einen plateau-artigen Sockel abgetragen wurde um Salz zu gewinnen. Das abgetragene Salz (ca. 3,5 Millionen Tonnen) wurde getrocknet und für den Versatz des maroden, so genannten Versuchsendlagers für schwach- und mittelaktive nukleare Abfälle im ehemaligen Kali- und Steinsalz-Bergwerk Asse bei Remlingen (Niedersachsen) verwendet. Dadurch ist das Haldeninnere großflächig freigelegt worden und hat Einblicke in die Beschaffenheit des Haldenkerns ermöglicht.

Bei der Aufschüttung der Halde ist eine böschungsparallele Schichtung entstanden, mit abwechselnd dünnen, groben und dickeren, feinkörnigen Lagen. Die Rückstandssalze sind teilweise rekristallisiert, wodurch der Haldenkörper stark kompaktiert und verfestigt ist. Feinkörnige Bereiche haben dadurch beinahe Eigenschaften wie gewachsenes Steinsalz. Die grobkörnigen Lagen sind hingegen stärker porös und werden auf dem Haldenplateau durch Niederschläge selektiv aufgelöst. Über die gesamte Plateaufläche verteilt, sind in diesen Groblagen Wegsamkeiten durch den Haldenkörper vorhanden, in denen Regenwasser im Haldenkörper versickert.

Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Poröse Schichtfugen trennen feinkörnige, massige Lagen im Haldenkörper und bilden Wegsamkkeiten für Lösungen.
Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Poröse Schichtfugen trennen feinkörnige, massige Lagen im Haldenkörper und bilden Wegsamkkeiten für Lösungen.

Das gleiche gilt für Risse im Haldenkörper. An vielen Stellen sind durch fortschreitende Auswaschung regelrechte Cañons und Schlucklöcher entstanden, durch welche das Haldenwasser zur Haldenbasis und von dort ins Grundwasser gelangt. Kalihalden sind also doch wasserdurchlässig, selbst in der kompakteren Kernzone.

Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Entlang von Schichtfugen und Rissen entstehen canon-artige Auswaschungen.
Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Entlang von Schichtfugen und Rissen entstehen canon-artige Auswaschungen.
Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Nach Regenfall kann man beobachten wie Haldenlösung in den Auswaschungen ins Haldeninnere abfließen.
Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Nach Regenfall kann man beobachten wie Haldenlösung in den Auswaschungen ins Haldeninnere abfließen.
Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Stellenweise bilden sich auch regelrechte Schlucklöcher aus.
Auf dem Plateau der Kalihalde Ronnenberg. Stellenweise bilden sich auch regelrechte Schlucklöcher aus.

Um die Kalihalde herum wurde ein Ringgraben angelegt, der das Haldenwasser sammelt. Vom Ringgraben aus wird in Ronnenberg das praktisch salzgesättigte Haldenwasser über eine Rohrleitung in das 8 km lange Flüsschen Fösse eingeleitet, das auch die Abwässer der Kalihalde Hansa in Empelde schlucken muss. Die völlig versalzene Fösse  mündet dann schließlich in die Leine. Aufgrund der hohen Salzgehalte ist die Fösse biologisch tot.

Halde Ronnenberg. Einleitung von Haldenwässern in Rohrleitungssystem.
Halde Ronnenberg. Einleitung von Haldenwässern in Rohrleitungssystem.
Halde Ronnenberg.In den Ringräben kristallisieren Salze aus den gesättigten Lösungen.
Halde Ronnenberg.In den Ringräben kristallisieren Salze aus den gesättigten Lösungen.

In den Ringgräben scheiden sich abhängig von der Wetterlage teilweise große Salzmengen aus. Es sind hauptsächlich Sulfatsalze, die bei niedrigen Temperaturen auskristallisieren. Um die Salzkristallisation außerhalb des Haldengeländes zu verhindern, werden die Haldenabwässer vor Ort mit Frischwasser verdünnt.

Halde Ronnenberg.Durch Zufuhr von Frischwasser werden die Haldenwässer verdünnt um Salzkristallisationen außerhalb des Haldengeländes zu vermeiden.
Halde Ronnenberg.Durch Zufuhr von Frischwasser werden die Haldenwässer verdünnt um Salzkristallisationen außerhalb des Haldengeländes zu vermeiden.
Kalihalde Sigmundshall. Der Absetzer überschüttet die Kalihalde mit Sondermüll aus dem Salzschlacke-Recycling.
Kalihalde Sigmundshall. Der Absetzer überschüttet die Kalihalde mit Sondermüll aus dem Salzschlacke-Recycling.

Haldenabdeckung und Begrünung

Die Kaliindustrie will das Haldenwasser-Problem dadurch beheben, dass die Kalihalden begrünt werden. Hierzu werden seit Jahrzehnten Forschungsarbeiten gefördert, die aber bis heute keine überzeugende Ergebnisse erbringen konnten.  Die Forschungsarbeiten liefern aber das notwendige Alibi, um weiter Rückstandshalden aufschütten und der Problematik der Kalihalden für die Umwelt und für künftige Generationen ausweichen zu können.

Die Haldenabdeckung, die einer Begrünung vorausgeht, erfolgt mit Abfällen wie Bauschutt, Bodenaushub, Salzschlacke-Resten, Kraftwerksaschen, auf ostdeutschen Deponien auch mit diversen sonstigen Industrie-Abfällen, die auf diese Weise angeblich verwertet werden.  Für die Abnahme der Abfälle vom Erzeuger und der Scheinverwertung auf den Kalihalden  kassieren die Deponiebetreiber (in Niedersachsen also K+S) erhebliche Gebühren und betreiben so ein lukratives Nebengeschäft. Aus der Monodeponie Kalihalde wird so de facto eine ungeordnete Mülldeponie bzw. Sondermülldeponie, ohne die dafür erforderlichen  Sicherungsmaßnahmen. Dabei wird das Abfallrecht unterlaufen, indem die erforderlichen Genehmigungen von den Bergbehörden nach Bergrecht erteilt werden, obwohl die Kalihalden als übertägige Anlagen des Bergwesens eigentlich dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImschG) und somit dem Abfallrecht unterliegen.

Dokumentation zur Giftschlamm-Lawine vom 27.08.2010, Kalihalde Sigmundshall

Fragen des BUND dazu an die Region Hannover

Zur radioaktiven Belastung von Kohlekraftwerksasche hier mehr vom BUND Nordrheinwestfalen "Radioaktivität aus Kohlekraftwerken".



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