Insektenfreundliche Außenbeleuchtung

Gemeiner Sichelflügler (drepana-falcata)
Gemeiner Sichelflügler (Drepana falcata)

Licht ist neben den Elementen Wasser, Boden und Luft die Quelle des Lebens. Für Menschen und Tiere, die sich unter seinem Einfluss entwickelt haben, ist es ein wichtiges Mittel zur Wahrnehmung ihrer Umwelt sowie zum Austausch mit ihr. Die durch das Licht ange­spro­chenen Gefühle wie Sicherheit und Behag­lichkeit verführen den Menschen, die Nacht zum Tage zu ma­chen: Tausende von Licht­quellen erhellen nachts unsere Städte und Dörfer. Für fliegende, nachtaktive Insekten wird dies jedoch zu einem Problem, denn Licht spielt eine wesentliche Rolle für ihre Orientierung. Orientieren sie sich aber an der Straßenbeleuchtung, werden sie in ihrem natürli­chen Lebensrhythmus ge­stört. Besonders dort, wo es kaum Lichtquellen gibt, können solche Leuchten für Insekten zur tödlichen Falle werden. Daher wird die Einwirkung der Au­ßen­beleuchtung in der Fachwelt zunehmend kritisch disku­tiert.

Graseule Cerapteryx Graminis
Graseule (Cerapteryx graminis)

Außenbeleuchtung und Artenschutz

Beleuchtung und Artenschutz sind keine un­lös­baren Gegensätze. Die Anforderungen an eine effi­ziente Beleuchtung decken sich mit den Interessen des Na­turschutzes. Lampen- und Leuchtenhersteller bieten bereits heute Produkte zur umweltfreundlichen Be­leuch­tung an, die sich überdies als energie- und kos­tensparend erweisen.

Bei der Planung und Installation von neuen Lichtanla­gen in Wohn- und Gewerbegebieten und auf Parkplät­zen, aber auch bei der Sanierung und Wartung von Altanlagen, können Artenschutzbelange berücksichtigt wer­den, ohne dass die Menschen auf die Annehm­lich­kei­ten der nächtlichen Beleuchtung verzichten müssen.

Hausmutter (noctua pronuba)
Hausmutter (Noctua pronuba)

Die Lichtökologie beschäftigt sich mit der Auswirkung von künstlichen Lichtquellen während der Dämmerung und der Nacht auf Lebewesen (Pflanzen und Tiere wie z.B. nachaktive Insekten und Vögel). Üblicherweise orientieren sich flugfähige, nachtaktive Insekten mit ihren Facettenaugen an dem schwachen Licht der Ge­stirne. Den Nachtfaltern reicht die geringe Helligkeit des Mondes von nur 0,002 bis 0,4 Lux für Futter- und Part­nersuche. Künstliche Lichtquellen wie z.B. Außenbe­leuchtungsanlagen sind für viele Insektenarten unwi­derstehlich.

Wellenspanner (Rheumaptera undulata)
Wellenspanner (Rheumaptera undulata)

Sie steuern gezielt auf Lampen zu und umkreisen diese manchmal unvermeidlich. Dabei pral­len sie nicht selten gegen das Leuchtengehäuse, fallen zu Boden und fliegen die Lampe erneut an. Manchen Faltern gelingt es erst in der Morgendämmerung in die Natur zurückzukehren, wenn die Kontrastwirkung der Lichtquelle nachlässt. Auch wenn noch umstritten ist, inwieweit Insekten durch Lichteinfluss tatsächlich von der Nahrungs- und Partnersuche abgehalten werden, so besteht jedoch Konsens darüber, dass die Insekten durch das stundenlange Umschwirren der Lichtquellen unnötig Energie verbrauchen und dass sie außerhalb ihrer natürlichen Umgebung stärker gefährdet sind.

Heidekraut-Wurzelbohrer (Phymatopus hecta)
Heidekraut-Wurzelbohrer (Phymatopus hecta)

Besonders groß ist die Gefahr, wenn ein Leuchtenge­häuse undicht ist. Für Insekten, die sich in das Ge­häuseinnere verirren, wird es dann zur tödlichen Falle. Vor allem in ansonsten dunklen Außenbereichen von Ortschaften, wo einzelne Lichtquellen eine stark insek­tenanziehende Wirkung haben (Hell-Dunkel-Kontrast), ist es besonders wichtig, diese auf insektenfreundliche Lampen umzustellen. Wir konnten in defekten Gehäusen von Leuchtreklamen im ländlichen Raum kaum vorstellbare Mengen toter Insekten finden, auch wenn die genauen Auswirkungen von künstlichem Licht auf Insektenpopulationen und mögliche Folgen für die Ve­getation noch nicht hinreichend geklärt sind! Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.

Heidespanner (Ermaturga atomaris)
Heidespanner (Ermaturga atomaris)

Straßenbeleuchtung

Aus wirtschaftlichen Gründen kommen für die Straßen­beleuchtung nur Lampen mit hoher Lichtausbeute und langer Lebensdauer zum Einsatz. Oft werden Leuchtstofflampen, Halogenmetalldampflampen (ME-Lampen) und Quecksilber­dampf­hochdrucklampen (QE-Lampen) wegen ihrer neutral weißen Lichtfarbe verwendet. Die ME- und QE- Lampen weisen einen Spektralbereich von 320-720 nm auf. Lichtemissionen unter 400nm liegen außerhalb des für den Menschen sichtbaren Bereichs, haben aber eine starke Anlockwirkung auf nachtaktive Insekten, da Insektenaugen in diesem Bereich besonders empfind­lich sind. Gerade dieser UV-Bereich zieht nachtaktive Insekten besonders an. Daher empfiehlt die Wiener Umwelt Anwaltschaft: "Insektenfreundliche Leuchtmittel dürfen daher keine UV-Strahlung emittieren."

Kompaktleuchtstofflampen (FBT-Lampen) werden in Ge­bieten mittlerer Verkehrsbelastung eingesetzt. Ihr Spektralbereich ist ähnlich breit wie der der QE-Lampe, die Intensität im kurzwelligen Bereich jedoch um ca. 50 Prozent geringer. Einer Studie zufolge ist diese Lampe weniger attraktiv für nachtaktive Insek­ten als die QE-Lampe.

Violettgraue Wickeneule (Lygephila pastinum)
Violettgraue Wickeneule (Lygephila pastinum)

Natriumdampfhochdrucklampen

Bis vor kurzer Zeit wurde allgemein als Alternative die Natriumdampfhoch­drucklampe (SE/ST-Lampe) empfohlen, die einen niedrigen Strahlungsanteil im kurzwelligen Be­reich hat. Aufgrund der langen Lebensdauer und der hohen Lichtausbeute ist sie die ökonomischste Licht­quelle für die Straßenbeleuchtung. Im Spektrum der Helle­empfindlichkeit des Nachtfalterauges wird fast keine Strahlung emittiert. Die SE/ST-Lampe lockt um bis zu 80 Prozent weniger Insekten an. Mittlerweile gibt es aber neuere Technologien wie LED-Lampen, die noch besser abschneiden.

LED Lampen für den Außenbereich

LED Leuchten, die nach oben abgeschirmt sind und nicht wie Kugelleuchten ringsherum nachtaktive Insekten anziehen, sind nicht nur aus Klimaschutzgründen, sondern auch aus Artenschutzgründen von Vorteil. Quelle: Wiener Umwelt Anwaltschaft: "Beim Tausch von Kugelleuchten gegen LED-Kofferleuchten auf der Wiener Donauinsel wurde von der MA 33 - Wien Leuchtet 2012 eine Untersuchung der Auswirkungen auf die Insektenfauna beauftragt. Es zeigte sich, dass Metallhalogendampflampen fünfmal mehr Insekten anlocken als LED, und dass Leuchten, die nur nach unten strahlen, ("Full-Cut-Off") insektenfreundlicher sind als Kugelleuchten."

Aber auch LED ist nicht gleich LED: Besonders insektenfreundlich sind warmweiße LEDs, durch kaltweiße LEDs hingegen werden mehr nachtaktive Insekten angezogen. Dies wurde im Rahmen einer Studie zur Anziehung nachtaktiver Insekten an die Strassenbeleuchtung unter Einbeziehung von LEDs von G. Eisenbeis und K. Eick 2011 veröffentlicht.

Weißstirn-Weißspanner (Cabera pusaria)
Weißstirn-Weißspanner (Cabera pusaria)

Häufig werden die Entscheidungsträger mit dem Argu­ment „bei gelbem Licht sieht man nichts“ konfrontiert. Hartnäckig hält sich dieses Vorurteil, was auf Erfahrun­gen mit Natriumniederdrucklampen zurückzuführen ist. Die Hochdruckentladungslampe gibt im Gegensatz zur Niederdrucklampe kein monochromatisches Licht ab, sondern hat ein breites Spektrum an Wellenlängen. Aufgrund fehlender Spektralanteile werden Farben nicht so gut wieder gegeben, wie z.B. bei Leuchtstofflampen.

Die wunderschönen Fotos auf dieser Seite wurden von Eckard von Holdt gemacht. Wir sagen vielen Dank!

BUND-Tipps: Insektenfreundliche Beleuchtung im öffentlichen Bereich bei Neuinstallation & Wartung

  • Insbesondere bei Neubauvorhaben und Wartungen Verwendung bzw. Umrüstung auf SE/ST-Lampen
  • Entsprechende Festsetzungen in kommunalen Bau-Plänen
  • Verwendung von Leuchten mit Richtcharakteristik durch entsprechende Abschirmung (Vermeiden von Kugelleuchten) sowie Verwendung vollständig gekapselter Lampengehäuse gegen das Eindringen von Insekten

Für jeden Hausbesitzer (nur an größeren, kommer­ziell genutzten Gebäuden lohnt die Installation von SE/ST-Beleuchtungsanlagen):

Einbau von Zeit­schaltuhren und Dämmerungsschaltern oder Bewe­gungs­meldern (bei Glühlampen), um Energie zu sparen und nachtaktive Insekten zu scho­nen

Textpassagen aus: „Lichtökologie“, BUND-Berlin – AK Natur- und Artenschutz und „Umweltfreundliche Außenbeleuchtung“, BUND Alzey-Worms

Redaktion: Sibylle Maurer-Wohlatz mit freundlicher Unterstützung Petra Grünberg – enercity - April 2006 mit Aktualisierung 2016

Fragen zur Außenbeleuchtung

Abteilung Straßenbeleuchtung Stadtwerke Hannover AG
Glockseestr. 33 – 30169 Hannover
Jörg Bressem, Telefon (0511) 430-4024,
E-Mail: joerg.bressem@enercity.de
Thomas Hoffmann, Telefon (0511) 430-3417,
E-Mail: thomas.hoffmann@enercity.de

Weitere Informationen zum Thema

"Künstliche Lichtquellen - Naturschutzfachliche Empfehlungen" in "Natur in NRW":

http://www.lanuv.nrw.de/veroeffentlichungen/natur_in_nrw/200704/nin_0704start.htm



Siehe auch:

Schmetterlinge

Arbeitsgruppe Garten naturgemäß

Kontakt:
Sibylle Maurer-Wohlatz
smw@nds.bund.net

und Astrid Groß, Susanne Leipold, Sibylle Maurer-Wohlatz über Geschäftsstelle

Treffen:
nach Vereinbarung in einem Garten eines Mitglieds der Arbeitsgruppe

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